150 Jahre Buchhandlung Bruhns

18. April 2018

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Ein Unternehmen, drei Länder: von Riga über Posen nach Füssen 

Marianne Heichele-Bruhns
Marianne heichele-Bruhns

Die bewegte Geschichte des Füssener Buchhandelshauses begann im baltischen Riga. Wie kam es dazu? Eugen Bruhns, der seine Fachausbildung in Lübeck abgeschlossen hatte und dann eine Zeit lang in der Schlosserschen Buchhandlung in Augsburg arbeitete, wollte selbstständig sein. Er beschloss, ins Baltikum auszuwandern und gründete 1868 in Riga seine Buchhandlung mit einem Verlag, einer Zeitschriften-, Kunst- und einer Reiseabteilung, deren Tätigkeitsfeld sich über Russland bis hin in den Kaukasus erstreckte.

Der erste Weltkrieg und die russische Revolution fügten dem Unternehmen schwere Schäden zu. Sein Sohn Max führte bis zu seinem frühen Tod 1922 das Geschäft weiter. Zwischenzeitlich mußte seine Schwester die Buchhandlung übernehmen, die am 24. Dezember 1939 schloß, weil Hitler die Umsiedlung der Deutsch-Balten nach Posen angeordnet hatte. Edmar und Udo, die Gründerenkel von Eugen Bruhns, und ihre Mutter Edith bauten die Buchhandlung in Posen wieder auf. Das Geschäft nahm einen großen Aufschwung, ging aber mit Kriegsende 1945 total verloren. Da Edmar Bruhns’ Frau aus dem Ostallgäu stammte, suchte er 1946 die Möglichkeit in Füssen Fuß zu fassen. Er übernahm die Bahnhofsbuchhandlung, einen Kiosk mit Zeitschriften und Zeitungen. 1948 öffnete das Ehepaar Bruhns, das sich in Leipzig in der Buchhändlerschule kennengelernt hatte, in der Reichenstrasse mit ihrer Buchhandlung.

Ihre Tochter, Marianne Heichele-Bruhns, die jetzige Inhaberin der Buchhandlung Bruhns, ist seit ihrer Kindheit geprägt von Büchern. Nach dem Tod ihrer Eltern 1974 übernahm sie logischerweise dann die Buchhandlung. Sie ist verheiratet mit einem Anwalt und hat zwei Söhne.

Frau Heichele-Bruhns, was ist das Besondere an Ihrem Unternehmen?

Wir sind eine unternehmergeführte Buchhandlung. Das bedeutet, wir sind noch unser eigener Herr. Das merken auch die Kunden. Wir haben bald jeden Tag Kunden im Laden stehen, die sagen: Wahnsinn, was Sie für eine Auswahl haben. Wir haben eine andere Auswahl als die Filialisten, bei denen es fast immer die gleichen Bücher zu kaufen gibt. Der persönliche Einsatz meiner Mitarbeiterinnen ist ganz wichtig, die Beratung, das viele Lesen, der Kunde ist im Mittelpunkt.

Frau Heichele-Bruhns, hat man Ihnen schon gratuliert zu 150 Jahren Unternehmen?

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, zu dem wir seit 1868 gehören, hat mir zum Firmenjubiläum gratuliert und sehr schön geschrieben: „Gerade in wirtschaftlichen nicht einfachen Zeiten ist es das besondere Engagement des Handels vor Ort, das die kulturelle Vielfalt sicherstellt. Mit Ihrem täglichen Einsatz leisten sie dazu einen wichtigen Beitrag. Auch das sollte zu diesem Anlass mehr als nur gewürdigt werden. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Freude an der Literatur und viele lesefreudige Kunden und Kundinnen, die Sie mit Leidenschaft und Sachverstand mit guten Büchern versorgen.“

Und wie ist das jetzt in schwierigeren Zeiten, wie der Börsenverein schreibt?

Ein Beispiel von heute: es gibt einen Campingführer von ACSI mit einer speziellen Ermäßigungskarte, die letztes Jahr sehr gefragt war. Eine Kundin bemerkte, dass sie ihn diesmal nicht bei uns kauft, weil er bei Amazon billiger ist. Amazon macht schon einiges, was am Rande des Legalen ist. Aber wir müssen damit leben. Wir profitieren davon, dass es ja sonst die Preisbindung gibt. Unsere Umsätze bleiben zum Glück relativ stabil. Das, was ich habe, möchte ich einfach weiterführen. Das machen ich jetzt schon seit 44 Jahren.

Wieviele Mitarbeiter haben Sie?

Ich habe zwei Mitarbeiterinnen und zwei Springer, die einmal in der Woche kommen. In der Weihnachtszeit, wenn es mal streng wird, oder am Ostersamstag ist es gut, auch mal zu dritt zu sein. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels bietet auch verschiedene Möglichkeiten an, uns Unternehmer zu pflegen und zu unterstützen.

Wieso sind Sie bei der Werbegemeinschaft?

Ich fühle mich nicht nur für meine Buchhandlung zuständig, sondern auch für das Allgäu und das, was hier in Füssen passiert. Deswegen bin ich seit 2001 Mitglied bei der Werbegemeinschaft. Ich finde es wichtig, dass ein Miteinander da ist. Eine Schwierigkeit sehe ich mit den Filialisten, die nicht so sehr an der Stadt interessiert sind.

Wie soll es weitergehen?

Die Söhne haben andere Wege eingeschlagen, keiner von beiden ist in einen selbständigen Beruf eingetreten, wie ich und mein Mann. Der eine arbeitet bei KPMG (Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) und der andere spielt Tuba im Orchester in Augsburg. Keiner will die Buchhandlung übernehmen.

Mein Mann hat heute morgen gesagt, wenn gefragt wird, wie es weiter gehen soll, dann antworte: wie und ob die Buchhandlung weitergeführt wird, dass werden wir uns noch überlegen, noch sind wir ja jung und fit.

Frau Heichele-Bruhns, die Werbegemeinschaft gratuliert Ihnen herzlich zu Ihrem 150. Firmenjubiläum und wünscht Ihnen, dass Sie noch lange jung und fit bleiben.


Buhns E. Buchhandlung

Bruhns E. Buchhandlung

Reichenstraße 10

87629 Füssen

Tel.  08362-6106

Fax  08362-5595

Text und Fotos: Milla Wagner und Wilfried Wehling

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